Schulleiter Markus Fauth freut sich für seine Schüler, wenn die Projekte wieder anlaufen dürfen.
Markus Fauth, Schulleiter der Mittelschule, ist besorgt
Ganz gleich, ob es sich um eine Grundschule handelt, oder um eine weiterführende, allen ist etwas gemein: sie sind viel mehr als Orte der bloßen Wissensvermittlung oder eindimensionale Denkfabriken. Schulen bieten Raum für die Persönlichkeitsentwicklung der Schüler durch den Umgang mit Gleichaltrigen, um im Leben bestehen zu können. Seit mehr als einem Jahr fehlt der normale Alltag, der ungezwungene Austausch mit den Schulkameraden. Der Unterricht findet irgendwie digital, im Wechsel oder auf Distanz statt, erfolgreiche und prägende Schulprojekte liegen vollends brach, wie in der Mittelschule Haar, zum großen Bedauern von Schulleiter Markus Fauth: „Die Schüler vermissen das sehr. Bei uns als Musikschule dürfen der Chor und der Klavierunterricht laufen über Teams und wir merken, wie sehr sich alle darauf freuen, aber sonst haben sie Schüler ja gar nichts mehr. Das ist wirklich dramatisch. Sie sitzen zuhause vor ihrem Computer, bekommen ihren Onlineunterricht und das war´s.“
Stolperstein Corona auf der Gewinnerstraße
Markus Fauth macht seinen Beruf aus Überzeugung. Mit Sorge blickt er auf das, was Corona den Jugendlichen nimmt. Seit 2009 beispielsweise motiviert der Lions Club München-Keferloh mit seinem „Be a winner“- Projekt, jedes Jahr Schüler aller Jahrgangsstufen an der Mittelschule, ihr individuelles, oft noch nicht entdecktes Potenzial, besser auszuschöpfen. Die Heranwachsenden reflektieren und bewerten ihr eigenes Sozialverhalten und das anderer Schüler in Absprache mit dem jeweiligen Lehrer. Nach einem Punktesystem stehen am Ende jedes Schuljahres drei Gewinner fest, auf die ein schöner Preis wartet. Das Konzept soll vor allem auch den Schülern eine Chance geben, die nicht zur Klassenspitze gehören. „Es geht nicht um die besten, die sowieso funktionieren, sondern vielmehr um die Schüler, die sich im Rahmen ihrer Möglichkeiten besonders Mühe geben“, erklärt Fauth. „Wir treffen uns zwar nach wie vor mit den Abgeordneten des Lions Club, aber können nichts machen. Der Club kann auch kein Geld akquirieren, da er weder Fußball- noch Golfturniere oder dergleichen veranstalten darf.“ Umso mehr freut sich Fauth über einen Computer, den der Lionsclub in der Krise Schülern zur Verfügung stellt.
Entscheidende Unterstützung fehlt
Gleichzeitig liegt das wichtige Sozialprojekt „Helpers für Haar“ auf Eis. „Die ehrenamtliche und freiwillige Mitarbeit in den verschiedenen Institutionen, verändert die Schüler in jedem Fall. Sie bekommen einen ganz anderen Einblick, was um uns herum passiert“, weiß Markus Fauth und erinnert sich an eine Schülerin: „Sie hat beim Haarer Tisch mitgeholfen und war nachhaltig beeindruckt, wie viele Menschen wirklich nichts haben.“ Genauso findet die Lesehilfe nicht statt oder die ehrenamtliche Arbeit der Berufsbegleiter: „Wir haben normalerweise immer Freiwillige akquiriert, die eine Stunde wöchentlich mit Schülern Bewerbungstraining gemacht, oder die Lesekompetenz der Schüler verbessert haben. Das alles ist für unsere Schüler enorm wichtig.“ Neben den Praktika, die für viele seiner Schüler, auch für die notenmäßig schwächeren, die Eintrittskarte bei einem möglichen Arbeitgeber sind, sieht Markus Fauth in den verschiedenen Angeboten, wichtige Säulen für die spätere Berufswahl seiner Schüler. „So können sie Stärken und Talente entdecken.“ Wie sehr die Schüler unter dem ersatzlosen Ausfall leiden, lässt sich nur erahnen. Jugendzentren, die als bedeutsame Verbindungsstellen fungieren und mit der Stimmungslage der Teenager bestens vertraut sind, sind geschlossen: „Wir wissen einfach nichts mehr von den Schülern, weil auch die Jugendzentren nichts mehr wissen. Den Kinder geht wirklich viel verloren, gerade im Bereich soziale Kompetenzen zu entwickeln“, zieht Fauth nüchtern Bilanz: „Die Probleme werden wir aber erst nach und nach sehen, wenn die Schüler wieder kommen.“
Doppelt so viele Absolventen mit Startschwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt
Als nächste große Herausforderung warten für die Abschlussklassen die Prüfungen um Juli. „Es steht in den Sternen, wie das laufen wird“, so Fauth, gibt sich aber zuversichtlich. „Wir werden es schon irgendwie hinbiegen und sie in einer Ausbildung unterbekommen. Ob sie es dann aber langfristig schaffen, weiß ich nicht. Es werden einige hinten runterfallen.“ Rund zehn Prozent sind es vor Corona, die Schwierigkeiten haben, nach der Schule ihren Weg zu finden, jetzt rechnet Fauth mit etwa 20 Prozent: „Die Schere klafft immer weiter auseinander. Schüler, die zuhause Möglichkeiten hatten, selbständig und ruhig dem Onlineunterricht zu folgen, die auf die Hilfe ihrer Eltern bauen konnten, werden relativ normal weiter machen“, meint Fauth: „Mir bereiten Schüler Sorgen, die das nicht hatten. Die haben eine Riesenproblem, die werden abgehängt.“ Trotz aller Herausforderungen richtet Schulleiter Markus Fauth seinen Blick nach vorne. So es der Pandemieverlauf zulässt, sollen die Projekte ab kommendem Schuljahr wieder anlaufen: „Wir wünschen uns das sehr für unsere Schüler. Für uns im Kollegium ist das hier nicht nur Beruf, sondern definitiv auch Berufung.“
Für Sie berichtete Manuela Praxl.
Sie haben eine Frage oder eine Meinung zum Thema? Verfassen Sie gerne einen Kommentar!
Bitte beachten Sie unsere geltenden Kommentar Richtlinien, mit dem Abschicken Ihres Kommentars erklären Sie sich damit einverstanden.