Fürchtet euch! Fastenpredigt von und mit Holger Paetz im Kleinen Theater München.
Fürchtet euch!
Es sind dramatische Orgelklänge, die die anwesende Gemeinde im Kleinen Theater effektvoll auf einen besonderen Auftritt einstimmen: Pater Paetz. Er wisse genau das Interesse der Zuhörenden einzuschätzen. Die Faschingszeit sei eine „Zeit der Irrungen und Fröhlichkeiten in schwitzigen Klamotten“, da könne man sich getrost auf die anstehende Fastenzeit freuen. Kabarettist Holger Paetz gilt als sprachvirtuoser Kabarett-Literat und lehrt seine Schäfchen von Februar bis Ostern das Fürchten: Nur wenige Tage vor Aschermittwoch predigt er in Haar. „Manche fragen mich, ob die Inflation und Putin ob ihrer Schlechtigkeiten über uns kam“, poltert Paetz los und offenbart trotz seiner Nähe zum Allmächtigen Unwissenheit. Es liege vielleicht am Herrn, der die Haarer an den „Fleischköpfen schröpfen“ und sie mit einer „Teuerung überrumpeln“ wolle, „dass ihnen die Geldbörsen schrumpeln.“
Unvergesslich
Glauben heiße nicht zu wissen. Er sei zwar ein Prediger des Herrn, aber dieser sei sehr wechselhaft, so Paetz spitzfindig. „Heute ist es Matthias Riedel-Rüppel, er ist aber nicht da, wäre er es, würde ich die Gage als gut bezeichnen.“ Gottesfürchtig sei er und bitte um Erleuchtung, doch ausgerechnet dann setze Nebel ein oder um das „reine Nichts im Briefkasten“, doch stattdessen finde er Rechnungen. Bereits ein Zwölftel des Jahres 2024 sei vorbei, die aufmunternden Reden verschiedener Amtsträger aus der Politik jedoch noch nicht vergessen, vor allem die des Bundespräsidenten Walter Steinmeier halle nach: „Deutschland wird sich verändern und ich freue mich darauf.“ Es sei „schrecklich wie manche Menschen in den falschen Berufen schmachten müssen“, kommentiert Paetz. Genauso sei dessen 7 Minuten und 46 Sekunden dauernde Weihnachtsansprache unvergesslich, die Jungen sollen bei Maß und Ziel, kritisch sein, aber nicht zu viel.“ Dabei wedele er genau 152Mal mit den Händen. Paetz glaubt zu wissen warum: „Er versucht seine Worte mit Sauerstoff anzureichern.“ Ein Jahr zuvor sei die Ansprache eine Sekunde länger gewesen, inklusive einem Wedler mehr. Das könne kein Zufall sein, empört sich Paetz, es handle sich eindeutig um KI. Paetz wisse gar von jemanden, die Rede verliere durch das Abschalten des Tons nicht an Wert.
Unerreicht
Wie viele andere auch, frage er sich, wie der zu Jahresbeginn verstorbene Franz Beckenbauer, „das Geschenk Münchens, nein, Gottes an Giesing“ das filigrane Spiel entwickelt habe, „ausgerechnet in diesem Münchner Stadtteil“, einem typischen Arbeiterviertel. Die Erklärung liefert Paetz selbst umgehend. Im Nachkriegsdeutschland kickt die Jugend mit jedem erdenklichen, zurückgelassenem Schrott der Amerikaner: „Dribbeln mit der Dose, da wirst du elegant.“ Die Ursache für fehlende Ballkünstler in der Gegenwart ist ebenfalls schnell ausgemacht. Schuld sei der Dosenpfands der Grünen. Der markiere das Ende „deutscher Fußballkunst. Und überhaupt habe Beckenbauer die deutsche Kultur mit seinem legendären Songtext: „Gute Freunde kann niemand trennen“ für immer bereichert. „Die Schweden sind keine Holländer und ich habe Mal in einem Jahr 15 Monate durchgespielt“ gehören zu Paetz´ Lieblingszitaten: „Am meisten aber beeindruckt ihn: „Der Grund war nicht die Ursache, sondern der Auslöser“. Paetz gibt vor amüsiertem Publikum zu, manchmal aufzuwachen und sich zu fragen, was ihm Beckenbauer damit sagen wolle.
Unverwechselbar
Paetz Texte sind präzise und scharfsinnig bis skurril, die Beschreibungen von Tatsachen und Geschehnissen herausfordernd, meist mit einem depressiv-menschenfeindlichen-schwarz-humorigen Unterton, egal, ob er sich den Konflikt zwischen Hamas und Israel vornimmt, die Me-Too-Bewegung, Greta und Fridays for Future, Klimakleber, oder grüne SUV-Besitzern, die 50 Kilometer fahren, um sich von einem Biohof ihr Fleisch zu kaufen.
Für Sie berichtete Manuela Praxl.
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