Helmut Dworzak, Altbürgermeister, erklärt die Zusammenhänge und Folgen des Zusammenbruchs der Sowjetunion
Vortrag von Altbürgermeister Helmut Dworzak zum Ukraine-Krieg
Die Bilder von Ukrainerinnen mit ihren Kindern auf der Flucht vor dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg der Russen in ihrer Heimat, sind seit Monaten Thema in allen Medien. Dazu die weltweiten Auswirkungen auf die Wirtschaft mit täglich neuen Rekorden bei Preiserhöhungen, Lieferverzögerungen und der bangen Frage, ob nach der Reparatur der Turbine, Putin den Gashahn für Deutschland wieder aufdreht: „Nach der wochenlangen Emotionalisierung, dieses ständige Leid, was allen vorgeführt wird, machen viele irgendwann die Jalousie zu. Das kann ich gut nachvollziehen“, beginnt Altbürgermeister Helmut Dworzak seinen Vortrag zum Ukraine Krieg im Seniorenclub vor rund 40 Zuschauern.
9. November 1989
Um die aktuellen Geschehnisse besser verstehen zu können, blickt Dworzak zurück und spannt einen Bogen ab der deutschen Wiedervereinigung bis zur heutigen Situation. „Die Berliner tanzten auf der Mauer. Jeder weiß, was er am neunten November 1989 gemacht hat. Damals habe ich meine Tochter Katharina aufgeweckt“, erinnert sich Dworzak an den denkwürdigen Tag: „Ich erklärte ihr, dass sie in einer Zukunft des Friedens, des Wohlstands und der Entspannung leben würde. Das, was die Generation vor ihr mit dem Kalten Krieg und der ständigen Bedrohung erlebt hatte, falle nun weg. Diesen Optimismus haben viele in Deutschland geteilt.“
„Nach der wochenlangen Emotionalisierung, dieses ständige Leid, was allen vorgeführt wird, macht man irgendwann die Jalousie zu, das kann ich gut nachvollziehen.“
Helmut Dworzak, Altbürgermeister
Nicht nur Putin
Drei wesentliche Faktoren seien verantwortlich für den Krieg. Nach dem Zerfall der Sowjetunion, fällt es der Ukraine innenpolitisch nicht leicht, sich alter Muster zu entledigen. Oligarchen, regionale Clans, teilweise nationalistische Bewegungen, geben den Ton an und spalten die Bevölkerung. Dazu dringt die NATO und EU, hauptsächlich in der Ära Bush „in das machtpolitische Vakuum nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion“ vor. Immer mehr wandelt sich in Russland zu einem totalitären nationalistisch geprägten regime, das imperiale Ansprüche anmeldet. „Es ist also falsch sich nur auf Putin bei der Schuldfrage zu fixieren“, so Dworzak.
Neu gestalten
Vor allem militärisch und ökonomisch wirke sich das „erheblich“ auf den gesamten Westen und insbesondere auf Europa aus, verdeutlicht Dworzak. Einerseits gehe es um eine glaubwürdige militärische Abschreckung, andererseits bestehe die Notwendigkeit, die Wirtschaft neu zu gestalten, um sich unabhängiger zu machen. Dabei seien neue Regeln für den Umgang mit Diktaturen gefordert. Gleichzeitig sei ein Alleingang aber nicht möglich, da Klimawandel, nukleare Rüstungskontrolle, das Nutzen von Ressourcen und die „skandalöse Vermögensverteilung“ zum gemeinsamen Handeln zwingen. „Eine neue Rüstungsspirale und ökonomische Boykotte können keine Lösung sein“, mahnt Dworzak.
Große Bandbreite
Wie schwierig und herausfordernd es ist, die momentane Situation einzuschätzen und verstehen zu können, zeigt die anschließende Diskussion. Die Bedrohung durch Russland schätzen die Gesprächsteilnehmer unterschiedlich ein. Während sich ein Teil für wesentlich mehr Militär ausspricht, um die Ukraine in ihrem Kampf zu unterstützen, setzen andere auf Diplomatie.
Für Sie berichtete Manuela Praxl.
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