v.l.n.r.
Katharina Dworzak (dritte Bürgermeisterin), Andreas Bukowski (Bürgermeister), Apostolos Kotsis (Vorstand Griechische Gemeinde), Edith Otiende-Lawani (Vorsitzende Verein „GivingAfrika a new face“), Marià Ros de Andres (Leiterin der vhs), Gabriele Müller (Vorsitzende vhs), Lisa Bartz (Pägogische Referentin im Sachgebiet Familie, Bildung und Inklusion), Florian Schardt (SPD-Landtagskandidat), Pater Gabriel Budau.
Die zweite Heimat Haar
In Haar leben Menschen aus über 120 Nationen. Über 6000 Menschen haben keinen deutschen Pass, dazu kommen noch einmal 2000 mit einer Doppelstaatsbürgerschaft. Grund genug für den Vorsitzenden der griechischen Gemeinde und Gemeinderat Apostolos Kotsis eine Diskussion „Haar – meine zweite Heimat“ anzuregen. Heimat sei ein vielschichtiger und in Deutschland auch schwieriger Begriff, beginnt Bürgermeister Andreas Bukowski. Zum einen gebe es das exklusive Konzept, das es Fremden schwer mache anzukommen, auf der anderen Seite das inklusive: „Das beschreibt den Ort, wo man sich wohlfühlt und zuhause ist, wo man lebt, wo man arbeitet, Freunde hat und sich vielleicht engagiert.“ Pater Gabriel Budau lebt und arbeitet seit wenigen Monaten in Haar. Der Rumäne bestätigt: „Wenn man in der zweiten Heimat neue Freundschaften schließt, sich vernetzt, und sich dort engagiert, wo man seine Talente hat und seine Begabungen aus der ersten Heimat einbringen kann, ist das ein Zeichen, angekommen zu sein“. Für Edith Otiende-Lawani, Vorsitzende des Vereins „Giving Afrika a new face“ sind es ganz banale Dinge: „Wenn der Nachbar bei mir klingelt und fragt, ob ich Eier für ihn habe“, vermittle dieses einfache Anklopfen der Kenianerin das Gefühl in der zweiten Heimat wirklich angekommen zu sein.
Beide Seiten gefordert
Migration sei keine Einbahnstraße, genauso Integration, betont Otiende-Lawani: „Wir vergessen, dass gelungene Integration Willkommenskultur voraussetzt. Die muss verstärkt unterstützt werden, so dass die aufnehmende Gesellschaft einen gewissen freundlichen Umgang mit den Migranten entwickeln kann.“ Es brauche „viele Menschen, die zum einen Brücken bauen und zum anderen Barrieren abbauen“, sagt Lisa Bartz. Für die pädagogische Referentin im Sachgebiet Familie, Bildung und Inklusion ist die wichtigste Voraussetzung die Sprache zu sprechen: „So ist man in der Lage, die Ressourcen der Gesellschaft für sich nutzen zu können.“ Apostolos Kotsis, der bereits über 25 Jahre in Haar lebt, spricht von einer Gemeinde „in der sich jeder wohlfühlen kann“. Das sei vor allem den deutschstämmigen Mitbürgern, „die mit Herz und Verstand dafür sorgen, dass Haar eine leistungsfähige und lebenswerte Gemeinde bleibt“ zu verdanken. Es brauche die Offenheit von beiden Seiten, um miteinander zu kommunizieren, so Kotsis. Gleichzeitig stellt er klar: „Menschen mit Migrationshintergrund haben nicht nur Rechte, sondern auch Pflichten.“
Ideensammlung für Integrationsarbeit
Gabriele Müller, Vorsitzende der vhs, sieht vor allem auch die Gemeinde gefordert, da sie „der erste Ansprechpartner für den, der zu uns kommt und hier sein möchte“, sei. Die Bürokratie in Deutschland mache es schwer, nötige Anträge zu stellen: „Er trifft hier auf einen Wust von Formularen und Regularien, die er erst einmal nicht verstehen kann. Das sind ganz große Hürden, selbst für gebildete Menschen, die Deutsch können.“ Entsprechend geschultes Fachpersonal könne an dieser Stelle Abhilfe schaffen: „Wir benötigen ein offenes und sensibles Rathaus mit Mitarbeitern, die die Geduld und das Fachwissen haben.“ Offenheit und Einfühlungsvermögen wünscht sich auch Marià Ros de Andres, Leiterin der vhs: „Wenn beim Kennenlernen nicht die ersten Fragen sind: „Woher kommst du und wann gehst du wieder?“ Denn heute ist Migration wichtiger denn je.“ Täglich gebe es in den verschiedenen Medien Berichte über den allerorts gravierenden Fachkräftemangel: „Fast die Hälfte aller Betriebe nennen den Mangel als größtes Risiko für ihr Geschäft“, verdeutlicht Ros de Andres. Um weiter an einer gelungenen Integration arbeiten zu können, sei ein regelmäßig stattfindender runder Tisch und ein daraus entstehendes Konzept eine gute Idee, genauso wie ein internationaler Stammtisch oder ein Integrationsbeirat, fasst Ros de Andres die Anregungen aus der Runde und den Zuhörern zusammen. Sie selbst habe ebenfalls eine „Vision“: „Muttersprachlicher Unterricht für die Kinder aus den 120 Nationen hier in der vhs. Das Erlernen und Bewahren der Muttersprache ist für die Familien sehr wichtig.“
„Wenn man in der zweiten Heimat neue Freundschaften schließt, sich vernetzt, und sich dort engagiert, wo man seine Talente hat und seine Begabungen aus der ersten Heimat einbringen kann, ist das ein Zeichen, angekommen zu sein“,
Pater Gabriel Budau.
“Wir benötigen ein offenes und sensibles Rathaus mit Mitarbeitern, die die Geduld und das Fachwissen haben.“
Gabriele Müller, Vorstand vhs.
„Muttersprachlicher Unterricht für die Kinder aus den 120 Nationen hier in der vhs. Das Erlernen und Bewahren der Muttersprache ist für die Familien sehr wichtig.“
Marià Ros de Andres, Leiterin der vhs.
Für Sie berichtete Manuela Praxl.
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