Mütter genießen mit ihren Kleinen ihren sicheren Hafen im FAM Café: v.li. Veronika Kindl, hi. re. Nadine Seidel, v.re. Stefanie Regler, hi.li. Paula Kiermeier.
Wenn heutzutage von einem positiven Testergebnis die Rede ist, gehen die meisten von einem bestätigten Nachweis des Sars-CoV-2-Virus aus und nicht unbedingt von Nachwuchs, der sich ankündigt. Beides hat nichts miteinander zu tun, gleichzeitig wirkt sich das Virus seit rund zwei Jahren auf die Zeit der Schwangerschaft und das frühe Muttersein aus, wie Paula Kiermaier, Mutter der 14 Monate alten Elisa, berichtet: „Ich hatte im Februar erfahren, dass ich schwanger bin, nur ein paar Tage später kam der Lockdown. Ich musste sofort ins Homeoffice, hatte natürlich keinen ergonomischen Stuhl oder Bürotisch, sondern saß auf der Eckbank in der Küche mit Rückenschmerzen und habe ab Juni Beschäftigungsverbot bekommen.“ Paula verbringt fast die gesamte Schwangerschaft im Lockdown. „Ich war verunsichert, habe sehr aufgepasst, immer Maske getragen, wir wussten ja noch nicht viel“, erzählt Paula. Direkte Gespräche mit der Mutter, die Vorfreude teilen oder der wichtige Austausch mit Freundinnen können kaum stattfinden. „Im Krankenhaus durfte mich nur mein Mann besuchen, ansonsten niemand, auch die Großeltern nicht.“
Gespräche helfen
Die junge Mutter schildert eindringlich die psychische Belastung, vor allem aus dem ersten Coronajahr. Zusammen mit anderen Müttern und Kindern sitzt sie im Café des Familienzentrums und genießt das Frühstück und den lockeren Plausch in der Runde. Stefanie Regler, eine der ehrenamtlichen Leiterinnen der Gruppe, kann nur allzu gut mitfühlen, wie es Paula geht. Ihre Tochter ist ein knappes halbes Jahr alt, als alle Einrichtungen schließen müssen: „Uns ist es sehr wichtig, hierher kommen zu können, weil man sonst von der Außenwelt abgeschottet ist. Meine Tochter kann hier andere Kinder und Mamis treffen, das tut einfach gut.“ Die Mitarbeiterinnen im Familienzentrum (FAM) merken deutlich, wie froh Familien sind, die die Einrichtung bietet, bestätigt Claudia Schmoll, stellvertretende Leiterin des FAM: „Wir haben viel Verzweiflung von Müttern erlebt. Die Angst ist groß, wieder allein mit dem Kind zuhause sitzen zu müssen. Gerade erst hatten wir hier zwei weinende Mütter vor der Ministerkonferenz, die befürchten, dass wir zusperren und sie wieder alleine sind.“ Sogenannte „Tür und Angel“-Gespräche und „Blind Dates“ von Schwangeren lindern seit der Lockdowns die schlimmste Einsamkeit, können aber Unsicherheiten nicht ausräumen. „Schwierig ist es für Familien mit Kindern unterschiedlicher Altersstufe“, weiß Claudia Schmoll aus täglichen Gesprächen und veranschaulicht: „Es gibt Familien, die quasi dauernd zuhause bleiben müssen. Wenn in der Klasse, im Kindergarten oder in der Kita ein positiver Test ist, dann heißt das Quarantäne für alle, das geht inzwischen über die Belastungsgrenze.“
Wichtig und unkompliziert
Vor allem Mütter mit Kleinkindern und Babys finden im FAM eine Anlaufstelle, wie Nadine Seidel mit dem 18 Monate alten Sohn Felix. Die Asthmatikerin bekommt noch vor dem ersten Lockdown Beschäftigungsverbot: „Prinzipiell war das ja gut, weil schwanger in den öffentlichen Verkehrsmitteln wollte ich nicht, da ich wirklich Angst bekam“, erzählt Nadine, die in Haar keine weiteren Familienangehörigen hat, von ihrem Erleben. „Im Krankenhaus war es furchtbar, mein Mann durfte nicht die ganze Zeit bei mir sein, das war alles sehr kompliziert. Hier habe ich einfach eine Anlaufstelle. Die sind wirklich immer für einen da. Ich war sogar im Babycafé willkommen, obwohl mein Kind schon zu groß war. Ich brauchte das, um einfach mal abschalten zu können.“ Veronika Kindl, ebenfalls Leiterin der Gruppe, stimmt zu. Sie hat einen zehnjährigen Sohn und eine dreijährige Tochter, die derzeit die Eingewöhnung im Kindergarten mitmacht: „Dieser Treffpunkt ist sehr wichtig, weil die Mütter, die vielleicht mit einem Neugeborenen zuhause müde und kaputt sind, hier einen sicheren Hafen haben.“
Offen für Ideen
Die Gesprächsbereitschaft sei groß, berichtet Claudia Schmoll. Besonders falle ihr dabei die Toleranz und Akzeptanz untereinander auf: „Insgesamt ist der Dialog hier im Haus einfach gut.“ Das Café soll weiterlaufen, alles andere plane das FAM auf Sichtweite, erklärt Claudia Schmoll: „Wir bleiben ansprechbar und versuchen auch, je nach Resonanz und Maßnahmen durch die Regierung, wieder etwas draußen stattfinden zu lassen, wie „Coffee to go“ oder mit Abstand spazieren gehen. Das kommunizieren wir dann über die Website, Facebook oder Instagram.“ Allerdings versteht sich das FAM nicht als Dienstleister: „Ein Familienzentrum ist immer auch ein Selbsthilfezentrum, viele vergessen das“, betont Claudia Schmoll: „Eltern können sich aktiv einbringen. Wir suchen immer Mütter und Väter, die das FAM mit ihren Ideen zu einem lebendigen Haus werden lassen.“
Für Sie berichtete Manuela Praxl.