Einladend: Das neue Angebot der ev. Jesuskirche „Tafeln und Schwafeln“. Einfach kommen und sich an den gedeckten Tisch setzen.
Eine Einladung an alle – denn zusammen i(s)st man weniger allein
Es ist kalt an diesem Herbstabend. Der kühle Wind treibt raschelnde Blätter vor sich her und sorgt für beschleunigte Schritte. Schon von Weitem ist der Treffpunkt gut zu erkennen, denn warmes Licht dringt durch die gläsernen Fronten des Ziegelanbaus der Jesuskirche. Innen stehen lange gedeckte Tafeln mit weißen Tischdecken. Das minimalistische Ambiente mit klaren Linien und wenigen, aber liebevoll eingesetzten Zierelementen, erinnert an angesagte Szenerestaurants, die einem nüchternen Gebäude aus den 1960er Jahren wieder Leben einhauchen. Nichts Unnötiges lenkt von den Hautdarstellern ab: Menschen, die Lust auf andere Menschen haben und mit ihnen ins Gespräch kommen wollen. Außer vielleicht das köstliche Aroma des herzhaften Chilis, einmal „con“ und einmal „sin“ Carne, dazu gibt es herrlich duftendes, selbst gemachtes Brot. Herzlich, freudig und offen, ohne aufdringlich zu sein, begrüßen die Anwesenden Neuankömmlinge zu „Tafeln und Schwafeln“. Sofort stellt sich das Gefühl ein, angenommen zu sein. „Der Grundgedanke ist schlicht“, sagt Pfarrerin Annedore Becker: „Viele vermissen einen Ort, wo sie sich in schöner Atmosphäre unterhalten können. Ob die sich kennen oder nicht, ist nicht das Entscheidende.“
Kein Türsteher – Komm´ wie du bist!
Das Angebot, das künftig einmal im Monat stattfinden soll, richte sich an jeden, betont die Seelsorgerin: „Bei uns ist jeder herzlich willkommen, so wie er ist, auch diejenigen mit schmalem Geldbeutel und die keine Kirchenmitglieder sind.“ Der Untertitel „zusammen is(s)t man weniger allein“, sei sehr bewusst gewählt, so Annedore Becker. Um eher zurückhaltenden Menschen die Kontaktaufnahme zu erleichtern, mischen sich „Mit-Gastgeber“ unter unbekannte Gesichter: „Hier besteht die Möglichkeit auf Menschen zu treffen, die garantiert an anderen, ihre Geschichten und deren Herkunft interessiert sind. Sie können gut zuhören, regen Gespräche an, nehmen andere freundlich auf. Dann können wie merken, dass der andere gar nicht so anders ist, obwohl uns sonst so viel trennt. Man muss wirklich nichts tun, außer zu kommen.“ Besonders wichtig sei der Theologin ein Aspekt: „Wir wollen niemanden bekehren.“
„Hier besteht die Möglichkeit auf Menschen zu treffen, die garantiert an anderen, ihre Geschichten und deren Herkunft interessiert sind. Sie können gut zuhören, regen Gespräche an, nehmen andere freundlich auf. Dann können wie merken, dass der andere gar nicht so anders ist, obwohl uns sonst so viel trennt. Man muss wirklich nichts tun, außer zu kommen.“
Annedore Becker, Pfarrerin.
Tief verankertes Bedürfnis
Hier ein sich zuprosten, dort ein Auflachen und angeregte Gespräche, die sich um „Gott und die Welt“ drehen: das Stimmengewirr zeugt von der guten Stimmung. „Wir wollen gerne innerlich und in die Stadt strahlen. Wenn jemand nach dem gemeinsamen Abend bei Tafeln und Schwafeln mit einem Lächeln geht, obwohl er vorher vielleicht keinen guten Tag hatte und ihn vieles zweifeln lässt, dann erreichen wir etwas.“ Letzten Endes sei es eine gemeinsame Sehnsucht der Menschen, sich um einen Tisch zu versammeln: „Bevor Menschen Gottesdienste gefeiert haben, saßen alle beieinander und haben riesige Unterschiede überwunden. Männer, Frauen, Freie, Sklaven, Prostituierte, Händler, Menschen mit und ohne Geld“, erzählt Annedore Becker: „Das ist letzten Endes das Ideal, mit dem wir durch die Jahrhunderte gegangen sind, es ist im Christentum verankert. Deshalb ist es mein Ziel das zu schaffen, da es so viele Orte in unserer Gesellschaft gar nicht gibt, wo das möglich ist.“
Eine Empfehlung des Hauses
Michael Allgaier ist überzeugt von dem Format. Der 25-Jährige genießt die Runde, ob mit bereits vertrauten oder insbesondere beim niederschwelligen Kennenlernen neuen Gesichtern: „Bei gutem Essen lässt es sich gut tafeln und entspannt über Gott und die Welt schwafeln. So wird der Tisch zu einem Gemeinschaftort. Ich habe das nächste am 21. November schon fest eingeplant.“ Ähnlich ergeht es Geraldine (45). Sie genießt nicht nur das gute Essen in entspannter Atmosphäre: „Neue Menschen und ihre Geschichten kennenzulernen, andere Horizonte und Perspektiven zu erfahren und über den eigenen Tellerrand hinausblicken: einfach unschlagbar gut!“ Auch Ingeborg (64) gefällt die Idee mit zunächst unbekannten Gästen aus verschiedenen Kontexten ins Gespräch zu kommen und dabei ihre gewohnten Bahnen für einen Abend zu verlassen. „Unsere Welt kann nur dann friedlich werden, wenn ich mein Gegenüber zu verstehen versuche und andere Sichtweisen kennenlernen. Nur gemeinsam lassen sich Dinge ändern.“
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Für Sie berichtete Manuela Praxl.
Für Sie berichtete das Haarer Stadt Echo.













